Umgebung
Freilichtmuseum Detmold
Gelegentlich kann man lesen, dass irgendwo in Deutschland ein altes Haus, eine alte Mühle oder ein historisches Baudenkmal abgebaut, an anderer Stelle wieder aufgebaut und einer anderen Bestimmung zugeführt wird. Der Hof Hueck in Bad Sassendorf ist ein gutes Beispiel dafür. Hier wurde ein Vier-Ständer-Bauernhaus aus Unna-Massen in Kurpark von Bad Sassendorf umgesiedelt. Heute ist das Bauernhaus ein beliebtes Restaurant und kleines komfortables Hotel.
Im ostwestfälischen Detmold hat man es nicht bei einigen Häusern belassen. Hier ist 1971 Deutschlands größtes Freilichtmuseum entstanden. Historische Kulturlandschaft, alte Haustierrassen, seltene Nutzpflanzen, traditionelles Handwerk und 115 Gebäude und Objekte befinden sich auf dem 90 Hektar großen Museumsgelände. Sehen, fühlen, schmecken und anfassen heißt das Programm. Westfälische Kulturgeschichte kann man hier mit Spaß erleben. Nur – etwas Zeit und Ausdauer sollten Sie als Besucher schon mitbringen.
Da es sich um ein großes Freigelände handelt, sind einige Kilometer Fußweg zu bewältigen. Ihr Auto muss draußen bleiben. Gleich neben dem Eingang, direkt am Museumsshop, können „Bollerwagen“ ausgeliehen werden. Utensilien, Getränke und Verpflegung werden darin transportiert, denn es gibt auf dem Gelände Rastplätze, von denen einer sogar überdacht ist, wo mitgebrachte Verpflegung verzehrt werden kann. So ein kleiner Handkarren ist auch ganz praktisch, wenn man mit kleinen Kindern unterwegs ist. Wenn bei so einem kleinen Steppke die Kräfte nachlassen, kann er ein Stück des Weges im Wagen Platz nehmen und gezogen werden. Eine andere Möglichkeit ist die Reise auf dem Planwagen. Zwei solcher Planwagen, gezogen von prächtigen Kaltblütern, verkehren regelmäßig im Freilichtmuseum. Die gut ausgebauten Wege sind auf den meisten Streckenabschnitten auch für Rollstuhlfahrer zu bewältigen. Einige besonders steile Strecken wurden im Lageplan besonders gekennzeichnet. Möchten Sie nur einen Vor- oder Nachmittag im Freilichtmuseum verbringen, empfehle ich, sich für eine der drei gekennzeichneten Routen oder einen bestimmten Bereich zu entscheiden, so artet der Besuch nicht in getriebene Hektik aus.
Im Freilichtmuseum können Sie nicht nur alte Gebäude und Einrichtungen aus nächster Nähe in Augenschein nehmen, sondern es wird auch ein umfangreiches Seminarprogramm geboten. Wachswerkstatt, Honig schleudern, Mähen mit der Sense, Führung durch den Bauerngarten, Leinenhemden selber nähen und arbeiten mit Kaltblutpferden sind einige Punkte des Angebotes.
Jedes Jahr möchten 250 000 Menschen mehr wissen über Leben und Kultur im Westfalen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Das sind täglich durchschnittlich 685 Besucher. Im Sommer kommen ganze Busse voller Besucher, im Winter ist die Anzahl dann übersichtlicher.
Wir wollten die Häuser des Dorfes nicht nur von außen betrachten, sondern den Menschen in den Häusern auch bei der Arbeit zusehen und uns informieren, wie und wo sie gegessen und geschlafen haben. Der „Kolonialwarenladen“ ist da ein Stichwort, denn diesen Begriff kennen junge Menschen in den meisten Fällen gar nicht mehr. Als Kolonialwaren bezeichnete man um 1900 Produkte und Rohstoffe, die aus den Kolonien europäischer Staaten stammten, wie Kaffee, Tee, Kakao, Zimt, Tabak, Reis und Gewürze. Der Kolonialwarenladen im Museum stammt aus dem Haus Hecker in Oevenhausen (Kreis Höxter) und wird im Zustand von 1920 gezeigt.
In der Bäckerei können sich die Besucher mit frischem Brot, Kuchen und den beliebten Museumsmäusen eindecken. Die Bäckerei befindet sich in einem Fachwerkhaus von 1622 mit Durchgangsdiele. Der „Königswinter Steinbackofen“ stammt aus dem Jahre 1901 von der Bäckerei Witte in Schötmar.
Heute kann man den Museumsbäckern bei der Arbeit zusehen und anschließend die frischgebackenen Brote in der angrenzenden Backstube erwerben.
Besonders idyllisch ist der große Dorfteich, in dem sich das am Ufer stehende Dorfbauernhaus Ludovici spiegelt. Auf dem Teich schwimmen Lippegänse und im Wasser tummeln sich dicke Karpfen.
Alte Tierrassen genießen hier im Dorf einen besonderen Stellenwert. So kann man die einst fast ausgestorbenen Bunten Bentheimer Landschweine im Original (nicht als Schinken oder Kotelett) sehen oder die weiße Deutsche Edelziege, die Bentheimer Landschafe, das Siegerländer Rotvieh und die Senner Pferde, die älteste deutsche Pferderasse auf Wiesen und Koppeln bewundern. Auch alte einheimische Hühnerrassen wie das Lakenfelder Huhn trifft man hier an.
Einen Einblick in das häusliche Leben der Dorfbewohner erhalten Sie im Tagelöhnerhaus und in den eleganten Wohnstuben der großen Bauernhäuser. Schon oft gesehen, aber immer wieder beeindruckend wie klein die Schlafkammern und Betten jener Zeit waren. Von außen kaum zu erwarten (sieht aus wie ein normales größeres Fachwerkhaus) ist der prächtige Einrichtungsstil des Schönhofes aus Wiedenbrück. Bewohner war hier um 1800 der Stiftsdechant Karl Florenz Harsewinkel. In dem großen Haus wohnten damals nur drei Bewohner (der Dechant, die Magd und ein verwitweter Verwandter). Der große Festsaal ist mit frühklassizistischen Wand- und Deckenmalereien sowie Möbeln aus der Manufaktur von Philipp Bartscher aus Rietberg ausgestattet.
Auch die damals typischen Bauerngärten haben wir uns angesehen. Der schönste befindet sich auf dem Gräftenhof. Die Gärten wurden als Kombination von Nutz- und Ziergarten angelegt. Nahrungspflanzen, Gewürz- und Heilkräuter sowie Pflanzen, die der Schädlingsbekämpfung dienten, findet man hier gleichermaßen. Wenn ausreichend Platz vorhanden war, wählte man gerne den Grundriss barocker Gärten.
Weithin sichtbar und eine der Attraktionen des Dorfes sind die verschiedenen Mühlen. Gleich am Eingang befindet sich eine voll funktionsfähige Wassermühle. Diese wird oberschlächtig angetrieben, das heißt das Gewicht des von oben auf das Mühlrad fließende Wasser treibt das Mühlrad an. Die Anlage ist ständig in Betrieb. Die Kappenwindmühle liegt auf halber Höhe zwischen Westenhellweg Hof und Paderborner Dorf. Kappenwindmühlen werden auch als Holländer Mühlen bezeichnet. Der Unterschied zur älteren Bockwindmühle ist, dass hier nur die Kappe mit den Flügeln in den Wind gedreht wird, während bei der Bockwindmühle, das ganze Mühlengebäude gedreht wird.
Die Umgebung rund um das Museum lädt zu weiteren Unternehmungen wie dem Besuch der Externsteine, der Adlerwarte oder dem Hermannsdenkmal ein.
Quelle: Westfalen Magazin